Die Entscheidung darüber, ob ein Betroffener Hilfe in Anspruch nehmen möchte oder auch die Entscheidung welche Hilfe die richtige ist, hängt von der Ausprägung der ADHS ab. So kann eine ADHS bei einem Betroffenen nur leicht ausgeprägt sein und derjenige hat gute Strategien entwickelt, mit seinen Problemen umzugehen. Bei jemand anderem ist die ADHS vielleicht stark ausgeprägt und die Person erlebt dadurch soziale Beeinträchtigungen und leidet folglich darunter.
Wichtig im Hilfeprozess ist, dass zu Beginn einer Therapie eine ausführliche Aufklärung der Betroffenen über die ADHS und die damit zusammenhängenden Probleme erfolgt.
Hilfe können von ADHS betroffene Erwachsene durch therapeutische Maßnahmen erfahren. Einige Betroffene schließen sich auch Selbsthilfegruppen in Ihrer Gegend an, wodurch sie Rückhalt und Unterstützung erfahren.
Die Leitlinien zur Behandlung einer ADHS bei erwachsenen Betroffenen verlangen eine multimodale Therapie, das bedeutet dass sich eine psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung ergänzen sollten.
Hier erfahren Sie mehr über:
Viele von ADHS betroffene Erwachsene erfahren Hilfe und Unterstützung in Selbsthilfegruppen. Zu hören, welche Probleme andere Betroffene wegen ihrer ADHS haben und welche Strategien sie schon entwickelt haben, besser mit ihren Problemen zurecht zu kommen, bringt vielen Betroffenen Erleichterung und bietet eine alltagsnahe Unterstützung.
Selbsthilfe kann somit eine sinnvolle und hilfreiche Unterstützung für von ADHS betroffene Erwachsene darstellen. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann aber keine Therapie ersetzen. Je nach Schweregrad und Einschränkungen, sollte ein Betroffener ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.
Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe können Ihnen von Ihrem behandelnden Arzt empfohlen werden. Mehr über Selbsthilfe und Vereine, die diese anbieten erfahren Sie auf den Seiten des zentralen adhs-netzes und im Bereich zu anderen Hilfen und spezifischen Informationen.
Es gibt verschiedene Psychotherapien. Die zwei wichtigsten Therapieformen sind die Verhaltenstherapie und die psychoanalytische Therapie.
Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS hat sich die Verhaltenstherapie als sehr wirkungsvoll erwiesen und auch für das Erwachsenenalter liegen inzwischen einzelne Studien vor, die Hinweise auf die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Ansätze geben. Zur Wirksamkeit psychoanalytischer Verfahren, bezogen auf ADHS-Symptome, liegen weder für das Kindes- und Jugendalter noch für das Erwachsenenalter aussagekräftige Studien vor.
Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapeuten helfenden Patienten, die mit ADHS in Zusammenhang stehenden Probleme im Alltag zu bewältigen. Durch die Hilfe des Therapeuten kann der Patient lernen, mit seinen Problemen besser klar zu kommen. Der Therapeut unterstützt iIhn somit bei dem, was dieser selbst will. Dieser Prozess wird manchmal auch als Coaching oder Selbstmanagement bezeichnet.
Therapeut und Patient erarbeiten dabei gemeinsam individuelle Ziele. Der Therapeut unterstützt den Patienten dann dabei, ein Ziel in einzelne Schritte zu unterteilen und dann diese dann in die Tat umzusetzen. Auf diese Weise hilft der Therapeut demn Patienten, sein oft eher „chaotisches“ Leben mit der ADHS zu ordnen. Da bei Erwachsenen mit ADHS oft zusätzliche behandlungsbedürftige Probleme vorliegen, ist es oft notwendig, dass auch diese in der Therapie behandelt werden. Eine solche ambulante Therapie erfolgt in der Regel einmal pro Woche und dauert über mehrere Monate an.
Psychoanalytische Therapie
Obwohl die Wirksamkeit psychoanalytischer Behandlungsansätze bei der Behandlung von ADHS bisher nicht untersucht ist, kann diese Therapieform zur Behandlung anderer, vor allem emotionaler Probleme, eingesetzt werden. Bei der Psychoanalyse sucht der Therapeut nach unbewussten Konflikten aus der Kindheit. Der Psychoanalytiker ergründet, welche Motive den Patienten zu seinem Handeln veranlassen und spiegelt dies dem Patienten zurück.
Die medikamentöse Therapie von ADHS hat sich auch im Erwachsenenalter bewährt. Um Betroffene medikamentös behandeln zu können, sind viele Fragen abzuklären. Wir möchten Sie hier über die wichtigsten Themen im Zusammenhang mit der medikamentösen Behandlung einer ADHS aufklären.
Dazu gehen wir folgenden Fragen nach:
Wann wird eine medikamentöse Therapie empfohlen?
Ob und wann eine medikamentöse Therapie erforderlich ist, ist abhängig vom Schweregrad der ADHS. Damit ist entscheidend, inwieweit die betroffene Person durch die ADHS beeinträchtigt ist und Einschränkungen in ihrem Alltag erlebt.
Manchmal ist die medikamentöse Therapie eine wichtige Voraussetzung für eine Psychotherapie. Ist das der Fall, kann der Betroffene nur durch die Einnahme der Medikamente eine Psychotherapie regelmäßig in Anspruch nehmen und dort Erlerntes in seinen Alltag umsetzen.
Welche Medikamente gibt es zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter?
Welche Medikamente sind am besten untersucht?
In der medikamentösen Therapie von ADHS bei Erwachsenen sind sogenannte Psychostimulanzien und Atomoxetin am besten untersucht. Beide Substanzen haben sich in Studien als wirkungsvoll bewährt. Bei den Psychostimulanzien wird in Deutschland am häufigsten Methylphenidat verordnet.
Welche Unterscheidungen gibt es unter den Methylphenidat-Medikamenten?
Man unterscheidet Methylphenidat-Medikamente mit kurzer Tageswirkdauer (Handelsnamen: Medikinet®, Ritalin®, Methylphenidat TAD®, Methylphenidat ratiopharm®, Methylphenidat Hexal®) und Medikamente mit längerer Tageswirkdauer (Handelsnamen: Concerta®, Equasym®retard, Medikinet®adult , Medikinet®retard, Ritalin®LA und Ritalin®adultLA).
Welche Medikamente sind zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter zugelassen?
Seit 2011 ist in Deutschland die pharmakologische Behandlung von ADHS bei Erwachsenen möglich. Bei den heute zugelassenen Präparaten handelt es sich um Methylphenidat mit verzögertem Wirkungseintrittes und um Atomoxetin. Für die Erstbehandlung von ADHS im Erwachsenenalter sind aus dem Bereich der Stimulanzien ausschließlich Medikinet®adult, Ritalin®adult sowie Concerta® zugelassen. Eine Neueinstellung von Erwachsenen mit ADHS ist auch mit dem Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin (Strattera®) möglich.
Für einige Methylphenidat Präparate besteht die Möglichkeit eine in der Kindheit oder Jugend begonnen Behandlung über das 18. Lebensjahr hinaus fortzuführen. Ob eine derartige Option gegeben ist, muss den Produktinformationen des jeweiligen Präparates entnommen werden.
Eine Behandlung von Erwachsenen mit den genannten Präparaten ist bis zum Beginn des Seniorenalters durchführbar. Danach ist nur eine off-label Verschreibung möglich.
Für die Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen sind heute ferner Guanfacin und Lisdexamfetamin zugelassen. Zur Erstbehandlung von Erwachsenen mit ADHS hat Lisdexamfetamin (Elvanse Adult®) seit Anfang 2019 eine Zulassung.
Neben den erwähnten Substanzen gibt es eine Reihe anderer Medikamente, die zur Behandlung von ADHS eingesetzt werden können, obwohl sie nicht zur Behandlung von ADHS zugelassen sind. Manchmal werden diese Medikamente auch zur Behandlung von Begleitstörungen, beispielsweise Depression verwendet und können dann auch Effekte auf die ADHS-Symptomatik haben.
Welche Wirkungen haben die Medikamente und wie wirken sie?
Die Wirkung der Medikamente, die Methylphenidat enthalten, tritt etwa 30 bis 45 Minuten nach Einnahme der Tabletten oder Kapseln ein. Bei den Medikamenten mit kurzer Wirkdauer bleibt sie dann zwei bis vier Stunden auf maximalem Niveau. Nach drei bis sieben Stunden ist eine deutliche Verminderung der Wirkung zu beobachten. Deshalb ist eine mehrfache Gabe dieser Medikamente am Tag oft notwendig.
Anstatt einer mehrfachen Gabe von Medikamenten mit kurzer Wirkdauer kann auch ein Medikament mit längerer Wirkdauer gegeben werden. Die längere Wirkdauer wird erzielt, indem der Wirkstoff in den Tabletten oder Kapseln im Körper verzögert freigesetzt wird. Die verschiedenen Medikamente mit längerer Wirkdauer unterscheiden sich in der Art der Freisetzung. Deshalb muss der Arzt im Einzelfall überprüfen, welches Medikament mit verzögerter Freisetzung er verschreibt.
Psychostimulanzien werden auf einem speziellen Rezept verordnet, um den Missbrauch dieser Medikamente auszuschließen. Die Medikamente machen aber nicht körperlich abhängig.
Allerdings hält die Wirkung der Medikamente in der Regel nur solange an, wie das Medikament gegeben wird. Deshalb ist in der Regel eine langfristige medikamentöse Behandlung (siehe unten) notwendig.
Bei Atomoxetin (Strattera®) tritt die Wirkung nicht schon am ersten Tag ein, sondern meist erst nach etwa sechs Wochen. Bei diesem Medikament muss in einem Behandlungsversuch schrittweise aufdosiert werden. Seine Wirksamkeit entfaltet Atomoxetin meist über den ganzen Tag. Atomoxetin muss nicht auf einem besonderen Rezept verordnet werden, weil keine Missbrauchsgefahr besteht. Auch bei Atomoxetin ist eine Dauertherapie mit regelmäßigen Auslassversuchen notwendig.
Was sind die häufigsten Nebenwirkungen und was kann man dagegen tun?
Bei vielen Betroffenen treten keine Nebenwirkungen unter der Einnahme von Methylphenidat oder Atomoxetin auf. Treten doch Nebenwirkungen auf, sind diese meist nur von kurzer Dauer.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind:
Unter Atomoxetin Behandlung kann es zu sexueller Dysfunktion kommen. Derartige Phänomene sollten stets gezielt erfragt werden.
Wie verläuft ein Behandlungsversuch und wie werden Medikamente optimal eingestellt?
Die medikamentöse Behandlung ist bei vielen Erwachsenen mit ausgeprägter ADHS wirkungsvoll, es gibt jedoch auch Patienten, die nicht von einer medikamentösen Behandlung profitieren und bei manchen können auch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.
Eine genaue Überprüfung der Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen in einem kontrollierten Behandlungsversuch ist daher unbedingt erforderlich. Die medikamentöse Behandlung lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn Effekte eindeutig nachgewiesen werden können.
Darüber hinaus reagieren Patienten sehr unterschiedlich auf die Medikamente und die jeweils individuell notwendige Dosis muss deshalb genau bestimmt werden.
Da sich bei Methylphenidat die Wirkung schon mit der ersten Gabe einstellt, kann der Behandlungsversuch und die optimale Dosiseinstellung innerhalb weniger Wochen erfolgen. Bei Atomoxetin ist ein längerer Behandlungsversuch von mindestens sechs bis acht Wochen notwendig, da sich die Wirkung erst nach dieser Zeit voll entfaltet.
Wenn sich die medikamentöse Behandlung als wirkungsvoll erwiesen hat, dann sollte die Behandlung zunächst für einen längeren Zeitraum als Dauertherapie durchgeführt werden. In dieser Zeit sind regelmäßige Kontrollen und Beratungsgespräche auf jeden Fall nötig. Danach kann die Notwendigkeit zur Weiterführung der Behandlung in einem Auslassversuch überprüft werden.
Wie lange müssen Medikamente eingenommen werden und welche Kontrollen sind notwendig?
Wenn sich die medikamentöse Behandlung in einem Behandlungsversuch als wirkungsvoll erwiesen hat, dann sollte die Behandlung zunächst für einen Zeitraum über sechs bis zwölf Monate als Dauertherapie durchgeführt werden.
In dieser Zeit sind regelmäßige Kontrollen durch den Arzt und Beratungsgespräche auf jeden Fall nötig. In diesen Kontrolluntersuchungen überprüft der Arzt die weitere Wirksamkeit der medikamentösen Therapie und klärt mögliche Nebenwirkungen ab und passt bei Bedarf die Medikation an.
Obwohl es auch bei der Langzeiteinnahme selten gravierende Nebenwirkungen gibt, kontrolliert der Arzt Blutdruck und Puls regelmäßig.
Nach sechs bis zwölf Monaten sollte die Notwendigkeit zur Weiterführung der Behandlung in einem Auslassversuch überprüft werden. Obwohl viele der betroffenen Erwachsenen eine mehrjährige Behandlung benötigen, kann die Besserung der Symptomatik nach einer gewissen Behandlungszeit auch nach Absetzen der Therapie aufrechterhalten werden.
Mit diesen allgemeinen Hinweisen lassen sich allerdings nicht alle Besonderheiten in jedem Einzelfall berücksichtigen. Es kann daher durchaus vorkommen, dass Ihr Arzt aus gutem Grund eine andere als die hier beschriebene Vorgehensweise vorschlägt. Sprechen Sie Ihren Arzt an, damit er Ihnen die Gründe für ein anderes Vorgehen erklären kann.
Der Umgang mit Medikamenten zur Behandlung von Betroffenen mit ADHS werden von Fachverbänden in Leitlinien dargelegt und empfohlen. In dem Zusammenhang ist auf die 2018 erschienene deutsche ADHS Leitlinie (AWMF 028-045) zu verweisen.
Die medikamentöse Therapie von Erwachsenen mit ADHS kann eine wichtige Ergänzung zur Beratung und Psychotherapie darstellen; manchmal ist sie sogar eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass psychotherapeutische Verfahren erfolgreich eingesetzt werden können und manche Erwachsene kommen mit den Medikamenten so gut zurecht, dass neben einer regelmäßigen Kontrolle und Beratung keine weiteren intensiven Maßnahmen notwendig sind.
Die Behandlungsleitlinien der Fachgesellschaften empfehlen einen medikamentösen Behandlungsversuch bei Erwachsenen nach einer umfassenden Beratung bei einer ADHS-Symptomatik, welche die alltäglichen Funktionen erheblich beeinträchtigt
In einem medikamentösen Behandlungsversuch wird im Einzelfall überprüft, ob das Medikament wirkungsvoll ist, ob Nebenwirkungen auftreten und welches Medikament in welcher Dosierung optimal ist.