Wichtige Zahlen und Fakten

Auf den folgenden Unterseiten haben wir für Sie die wichtigsten Zahlen und Fakten zum Thema ADHS zusammengefasst.

Die Häufigkeit von ADHS im Erwachsenenalter wurde von vielen Forschern untersucht.

Sie haben festgestellt, dass nur 5-15% der betroffenen Kinder die Kriterien für eine ADHS-Diagnose im Erwachsenenalter noch vollständig erfüllen. Trotzdem treten vereinzelte Symptome und funktionelle Beeinträchtigungen bei etwa 70% auch im Erwachsenenalter weiterhin auf.

Laut dem Diagnostiksystem für psychische Störungen (DSM 5) sind etwa 2,5% der erwachsenen Allgemeinbevölkerung betroffen. Eine weitere repräsentative Studie zeigt, dass etwa 4,7% der erwachsenen Deutschen von ADHS betroffen sind. Im Kindesalter weisen mehr männliche als weibliche Personen eine ADHS auf. Bei Erwachsenen hingegen sind diese geschlechtsspezifischen Unterschiede deutlich geringer bzw. nahezu ausgeglichen.

Die Ursachen und Entstehungsmechanismen einer ADHS sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Forscher gehen heute davon aus, dass eine Vielzahl einzelner genetischer Einflussfaktoren zusammenwirken und dass diese genetischen Faktoren zusätzlich mit anderen Einflussfaktoren, z.B. mit Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder auch Umweltfaktoren zusammenwirken und so Entwicklungsabweichungen neuronaler Regelkreise zustande kommen, die für die Entwicklung von ADHS verantwortlich sind.

Zu diesen Entwicklungsabweichungen neuronaler Regelkreise gehören Veränderungen im Neurotransmittersystem (das sind die Botenstoffe, die zwischen den einzelnen Hirnzellen eine Verbindung herstellen).

Nach heutiger Auffassung können verschiedene Entstehungswege zu dem klinischen Erscheinungsbild einer ADHS führen. Das bedeutet auch, dass nicht bei allen Betroffenen die gleichen neuropsychologischen und neurobiologischen Auffälligkeiten der Symptomatik zugrunde liegen. Diese Auffälligkeiten sind nicht spezifisch für die ADHS, sondern können auch bei anderen Störungen vorkommen. 

Da Erwachsene mit ADHS oft seit vielen Jahren unter den ADHS-Symptomen leiden, haben sie häufig auch andere zusätzliche Probleme entwickelt. Bei dieser Altersgruppe wird daher ein besonders ausgeprägtes Zusammenspiel genetischer Faktoren mit Umweltfaktoren vermutet.

 

1. Genetische Einflussfaktoren

Viele Studien weisen darauf hin, dass erbliche Faktoren die Hauptursache für die Entwicklung von ADHS darstellen. Besonders Studien an eineiigen und zweieiigen Zwillingen weisen auf eine hohe Erblichkeit von ADHS hin. Vermutlich gehört ADHS zu den psychischen Störungen mit dem größten genetischen Einfluss.

Auch anhand von molekulargenetischen Studien konnten einzelne Regionen im menschlichen Erbgut identifiziert werden, die bei Menschen mit ADHS typische Veränderungen aufweisen. Vor allem bei jenen Erbinformationen, die für die Bildung und Übertragung des Botenstoffes Dopamin verantwortlich sind, konnten entsprechende Veränderungen festgestellt werden.

Allerdings können die bislang identifizierten Veränderungen die Entwicklung einer ADHS nur zu einem sehr geringen Teil erklären. Das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Genen und das Zusammenspiel von erblichen Faktoren und Umweltfaktoren sind für die Entwicklung von ADHS vermutlich besonders wichtig, wobei hier bisher nur wenige Untersuchungsergebnisse vorliegen.

 

2. Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen

Belastungen während der Schwangerschaft, wie starker Nikotin- oder Alkoholkonsum der Mutter oder Komplikationen während der Schwangerschaft, der Geburt oder in der Neugeborenenperiode, wie beispielsweise Frühgeburt sowie ein niedriges Geburtsgewicht können eine Beeinträchtigung der Hirnfunktionen nach sich ziehen und das Risiko für die Entwicklung einer ADHS erhöhen.

Die Mehrzahl der Betroffenen mit ADHS weisen derartige Belastungen jedoch nicht auf. Darüber hinaus führen solche Komplikationen nicht immer auch zu ADHS.

Es wird vermutet, dass auch hier ein Zusammenhang zu genetischen Faktoren besteht: Menschen mit einer bestimmten genetischen Ausstattung haben ein höheres Risiko beispielsweise bei Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft später ADHS zu entwickeln, während bei anderen Menschen mit einer anderen genetischen Ausstattung dieses Risiko nicht erhöht ist.

 

3. Umweltfaktoren

Die Entwicklung und der Verlauf von ADHS kann durch soziale Einflüsse, wie familiäre und berufliche Faktoren, beeinflusst werden.

Familiäre Bedingungen, Bedingungen in der Schule, in der Berufsausbildung und Bedingungen in Partnerschaften können zwar nicht die ausschließliche Ursache der Störung darstellen, aber sie können in einem erheblichen Maße die Stärke der Probleme und ihren weiteren Verlauf mitbestimmen. Weisen Eltern von Betroffenen selbst psychische Probleme auf oder gibt vermehrt Streitereien in der Familie oder der Partnerschaft oder gibt es starke finanzielle Belastungen, können dadurch ADHS-Symptome verstärkt werden. Auch hierbei muss von einem Wechselspiel zwischen den Faktoren der familiären und der sozialen Umwelt mit der genetischen Ausstattung der Betroffenen und mit möglichen Belastungen während Schwangerschaft oder Geburt ausgegangen werden.

Bei Erwachsenen mit ADHS kommt hinzu, dass diese häufig viele Jahre schon Einschränkungen und Begrenzungen aufgrund der ADHS erfahren haben, weswegen sie andere zusätzliche Probleme und Störungen entwickelt haben können. In ihrem Leben sind häufig positive Erfahrungen gegenüber negativen Ereignissen in der Familie, in Partnerschaften im Berufsleben immer mehr in den Hintergrund getreten. Zwischen den betroffenen und anderen Menschen, besonders gegenüber Autoritätspersonen, kommt es häufiger zu unangenehmen Erfahrungen und negative Interaktionen nehmen zu.

Diese negativen Erfahren erhöhen wiederum das Risiko, dass sich zusätzliche Störungen entwickeln.

Die Symptomatik einer ADHS wird bei vielen Betroffenen bereits im Kleinkindalter deutlich. Meist ist sie spätestens im Alter zwischen 5 und 6 Jahren mit dem Beginn der Schulzeit gut erkennbar.

 

ADHS im Kleinkindalter

Im Säuglings- und Kleinkindalter äußert sich die Symptomatik einer ADHS häufig durch  ein sehr hohes Aktivitätsniveau der Kinder.

Sie wirken ständig unruhig und finden nur sehr schwer Ruhe. Bei einigen Kindern treten so genannte Regulationsstörungen auf, sie haben Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und der Verdauung sowie Schlafprobleme. Die Grundstimmung dieser Kinder ist häufig gereizt, sie wirken unausgeglichen und schreien sehr viel.

Die Entwicklung einer ADHS wird vermutlich dann begünstigt, wenn solche Regulationsstörungen eines Kindes mit ausgeprägten Überforderungen der Eltern einhergehen. Einige Betroffene zeigen bereits im Säuglings- und Kleinkindalter erste Entwicklungsverzögerungen. Sie fangen beispielsweise später an zu laufen oder auch zu sprechen.

 

​​​​​​​ADHS im Kindergartenalter

Eine deutliche körperliche Unruhe (Hyperaktivität) und extreme Umtriebigkeit sind bei von ADHS betroffenen Kindern im Kindergartenalter besonders stark ausgeprägt. Den Betroffenen gelingt es nur schwer, zu einem ruhigen und ausdauernden Spiel zu kommen. Bei einigen Kindern sind diese Auffälligkeiten im Kindergarten deutlicher zu beobachten als in der Familie. Dies ist vor allem dadurch zu erklären, dass im Kindergarten wesentlich mehr Reize auf das Kind einströmen, die bei einem von ADHS betroffenen Kind zu einer Zunahme eigener Unruhe führen. Viele Kinder fallen außerdem durch eine mangelnde soziale Integrierbarkeit sowie extreme Wutausbrüche und das Nichtbeachten von Grenzen und Anweisungen auf. Die davon betroffenen Kinder haben ein erhöhtes Unfallrisiko.

Einige Kinder weisen zusätzlich Entwicklungsverzögerungen auf. Sie sind beispielsweise grob- und feinmotorisch ungeschickter, was dazu führen kann dass sie beispielsweise Schwierigkeiten haben, mit der Schere zu schneiden oder etwas auszumalen. Häufig haben die Kinder eine Abneigung gegenüber solchen Beschäftigungen, die Ausdauer und Geschicklichkeit verlangen. Einige Kinder zeigen auch Verzögerungen in der Sprachentwicklung.

 

​​​​​​​ADHS im Grundschulalter

Mit dem Eintritt in die Grundschule kommt es bei vielen Betroffenen zu einer erheblichen Zunahme der Schwierigkeiten. Die altersentsprechende Symptomatik wird zu diesem Zeitpunkt besonders deutlich, da die Betroffenen plötzlich mit Anforderungen an Ruhe, Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit konfrontiert werden, die sie überfordern. Die Problematik verlagert sich mit Eintritt in die Schule daher insbesondere auf den Lern- und Leistungsbereich. Vor allem im Unterricht treten daher Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität besonders stark auf.

In der Familie oder auch im Rahmen der Ganztagsbetreuung  ist die Bewältigung der Hausaufgaben häufig ein zentrales Problem. Bei vielen Betroffenen kommt es zu Schulleistungsstörungen, oft zu Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen. Misserfolgserfahrungen führen bei den Betroffenen dazu, dass sie sehr schnell die Lust am Lernen verlieren. Auch können diese Erfahrungen die Entwicklung von oppositionellem oder aggressivem Verhalten oder von emotionalen Problemen fördern. Die Schulschwierigkeiten können so stark sein, dass Klassenwiederholungen und Umschulungen notwendig werden.

Zudem führt die Symptomatik in dieser Zeit sehr häufig dazu, dass betroffene Kinder von Gleichaltrigen abgelehnt werden. Diese Ausgrenzungserfahrungen können wiederum die Entwicklung eines niedrigen Selbstwertgefühls und den Ausbau aggressiver Verhaltensweisen verstärken. Der Wechsel zur weiterführenden Schule führt zu neuen schulischen Belastungssituationen. Die schulischen Anforderungen steigen und im Schulalltag wechseln die Lehrer in fast jedem Fach, was die Möglichkeit zum Aufbau einer festen Schüler-Lehrer-Beziehung als Bezugspunkt für Betroffene erschwert, die für sie ganz besonders wichtig wäre. Aufgrund dieser Veränderungen kommt es in vielen Fällen zu einer Verschärfung der Probleme.

 

​​​​​​​ADHS im Jugendalter

Während des Jugendalters nimmt bei vielen Betroffenen die körperliche Unruhe ab, während die Aufmerksamkeitsproblematik und auch Impulsivität häufig bleiben.

Bei Kindern mit günstigem Verlauf der Problematik sind im Jugendalter dann oft keine Unterschiede mehr zu Gleichaltrigen festzustellen, auch wenn sie immer noch als sehr lebhaft gelten. Betroffene, die im Kindesalter bereits aggressives Verhalten zeigten, treten im Jugendalter gehäuft dissoziale Verhaltensauffälligkeiten auf. Diese äußern sich durch Schuleschwänzen, ausgeprägtes Lügen und Stehlen. Diese Jugendlichen neigen auch dazu sich mit anderen Jugendlichen, die ähnliche Probleme haben, zusammenzuschließen. Es kommt vermehrt zu Alkohol- und Drogenmissbrauch bei den Betroffenen.

 

Treten im Jugendalter starke Impulsivität und Unaufmerksamkeit auf, dann ist das Risiko zu Verkehrsunfällen erhöht. Sexuelle Neugier in diesem Alter und riskantes Verhalten durch die Impulsivität führen häufiger zu Infektionen und frühe Schwanger- bzw. Vaterschaften.

Betroffene, die im Laufe ihrer Schullaufbahn viele Misserfolge erlebt haben und daher die Schule als sehr negativ erlebt haben, entwickeln eine extreme Abneigung gegen alles, was mit schulischer Leistung zu tun hat. Sie entwickeln ein niedriges Selbstwertgefühl und das Risiko für  depressive Verstimmungen ist erhöht.

 

​​​​​​​ADHS im Erwachsenenalter

Die typischen ADHS-Symptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität und die daraus resultierenden Verhaltensprobleme des Jugendalters können sich bei einem Teil der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter hinein fortsetzen. Bei einigen der Betroffenen, die bereits einen positiven Verlauf von der Kindheit bis ins Jugendalter aufweisen, vermindern sich die Probleme mit Eintritt in das Erwachsenenalter weiter.

Es ergeben sich für die weitere Entwicklung besonders diejenigen ungünstige Prognosen, die  im Kindes- und Jugendalter dissoziale Verhaltensauffälligkeiten entwickelt haben und die Schule mit schwachen schulischen Leistungen abgeschlossen haben, bzw. die Schule ohne Abschluss verlassen haben. Sie schaffen es häufig nicht eine Berufsausbildung abzuschließen. Die Problematik hat auch häufig deutliche Auswirkungen auf Partnerbeziehungen, wo es vermehrt zu instabilen Beziehungen und vermehrten Beziehungsabbrüchen kommt.

Das Symptom der Hyperaktivität steht bei von ADHS betroffenen Erwachsenen kaum noch im Vordergrund und wird bei vielen durch das Gefühl innerer Unruhe abgelöst. Impulsivität kann jedoch bestehen bleiben und äußert sich in diesem Alter beispielsweise darin, dass die Betroffenen nur schwer abwarten können. So kommt es beispielsweise in Gesprächen häufig dazu, dass sie  ihrem Gesprächspartner ins Wort fallen. Die Betroffenen zeigen durch das hohe Maß an Impulsivität auch häufig ein auffälliges Verhalten als Autofahrer, wo sie häufig gegen Regeln verstoßen.

Die größten Einschränkungen und der stärkste Leidensdruck entstehen bei vielen Erwachsenen jedoch aufgrund von Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen. Sie erfahren dadurch erhebliche Einschränkungen im Berufsleben, in der Familie, aber auch im Freizeitbereich. Ihre mangelnde Organisationsfähigkeit macht es ihnen schwer Dinge zu organisieren, sie sind vergesslich und handeln mitunter völlig planlos.

 

​​​​​​​ADHS im Seniorenalter

Auch bei Personen, die 60 Jahre  und älter sind, können noch Zeichen einer vorbestehenden ADHS angetroffen werden. Eine niederländische Studie ergab eine Prävalenzrate von 2,8%. Das subjektive Leiden der Senioren bezieht sich interessanterweise  weniger auf die Einschränkungen der Aufmerksamkeit als auf Phänomene aus dem Bereich der Impulsivität und Hyperaktivität. Durch diese Störungsmuster werden vor allem die unmittelbaren Bindungen im engen persönlichen und sozialen Umfeld und die allgemeinen sozialen Interaktionen belastet. Dass die Störungen der Aufmerksamkeit und die Phänomene der Desorganisation bei betroffenen Senioren weniger deutlich gewichtet werden, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass die Senioren in der Regel aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden sind und so die Anforderungen an Ruhe, Ausdauer und Konzentration deutlich weniger vorhanden sind als bei Schülern oder Berufstätigen. Damit wird ein mögliches chronisches Konfliktfeld entschärft.